24. Dez. 2000
... ist doch normal, Oda?*
Ich versteh' die Welt nicht mehr. Heut' ist doch Weihnachten - um Gottes Willen!*
Das Bauerntheater ist doch keine Kunst, das kann' doch jeder Depp!*
Die Übertriebene Sprachlosigkeit: Kroetz in Schwaz Kritik: Kurier 27. Dezember 2000 Julia Strauhal
Da gibt es die Nazi-Oma, die antisemitistische Hetzparolen im selben Atemzug mit Lobeshymnen auf den Heiland spricht („…, weil ihr Scheißtag eh schon wieder verschissen ist“). Ihren Dichtersohn, der nicht schreiben kann wegen all seiner Ansprüche an die Poesie und die soziale Verantwortung und deshalb beim Bauerntheater hängen bleibt. Seine Ex-Frau, die jedem Modetrend mit einem Face-Lifting nacheifert.
Die Nachbarin, die ihren Traum von der Schauspielerei als kleine Pornoqueen auslebt. Den Sohn, der seinen Körper als Stricher verkauft, um sich selbst einen anderen (weiblichen) zu kaufen. Kreischende Kinder und einen erwachsenen Bettnässer. Allen Akteuren gemeinsam ist ihr unaufhörliches Geschwätz, ihr ständiges Geschrei. Markus Plattner inszenierte im Schwazer Lendbräukeller Franz Xaver Kroetz´ „Bauerntheater“ mit einer dem Stück eigenen unersättlichen Portion an Deftigkeit. Dahinter steht ein starkes Ensemble: Roland Krammer schafft es als Franz Schritt mit seiner überschrieenen Angst vor Aids oder Homosexualität zu einer fast schon erdrückenden Bühnenpräsents. Maria Mühlbacher überzeugt in ihrer Doppelmoral. Michael Klemenc mimt den missverstandenen Schwulen, der von seinem Vater in den Selbstmord getrieben wird. Johanna Kob spielt die Ex-Frau, Simone Pischl die Nachbarin bei der „eh immer alles normal ist“ und Horst Unterlechner den Freund, der nicht das Wasser halten kann. Nicht zu vergessen die zwei jüngsten Darsteller Rian Veltman und Hanna Eller. Trotz oder gerade wegen des andauernden aggressiven Gebrülls herrscht zwischen den Personen in Wahrheit eine beklemmende Sprachlosigkeit.
Die kurzen Momente des Innehaltens werden vom darauf folgenden Sprachlärm überrollt. Dass dabei auch Weihnachten zu einem Ventil der Aggressionen verkommt, ist klar.
„…. und des zu Weihnachten“